Dies hatte nach den in Nature (2015; doi: 10.1038/nature14232) publizierten Studienergebnissen bei genetisch prädisponierten Mäusen eine entzündliche Darmerkrankung zur Folge. Genetisch unauffällige Tiere entwickelten Zeichen eines metabolischen Syndroms.
Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und das Metabolische Syndrom werden seit Mitte des 20. Jahrhunderts immer häufiger diagnostiziert. Gleichzeitig hat die Verwendung von Konservierungsmitteln in Lebensmitteln zugenommen.
Darunter sind Emulgatoren, die die Textur der Nahrungsmittel verbessern. Sie halten Speiseeis cremig und verhindern den Zerfall von Mayonnaise. Viele dieser Emulgatoren gelten in geringer Konzentration als unbedenklich („generally regarded as safe“, GRAS). Sofern sie toxikologisch untersucht wurden, beschränkten sich die Tests auf eine akute Toxizität oder die Auslösung von Krebserkrankungen, schreibt das Team um Andrew Gewirtz von der Georgia State University in Atlanta.
Ihr Einfluss auf die Entwicklung chronischer Darmerkrankungen wurde in der Regel nicht untersucht. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden heute mit einer Störung der Schleimbarriere in Verbindung gebracht, die normalerweise die Mukosa vor den Attacken der Darmflora schützt. Auch ein Einfluss auf das metabolische Syndrom wird diskutiert.
In einer früheren Studie hatten Alexander Swidsinski von der Berliner Charité und Mitarbeiter zeigen können, dass der Zusatz von Carboxymethylcellulose in der Konzentration von 2 Prozent zum Futter bei abwehrgeschwächten Mäusen zu einer starken Vermehrung von Darmbakterien führt (Inflammatory Bowel Diseases 2009; 15: 359-64). Carboxymethylcellulose ist ein häufig in Nahrungsmitteln verwendeter Emulgator. Ein anderer Emulgator ist Polysorbat 80.
In den aktuellen Experimenten hat das Team um Andrew Gewirtz die Auswirkungen der beiden Emulgatoren auf die Darmmukosa untersucht. Die Experimente wurden einmal mit genetisch unauffälligen Mäusen (Wildtyp) durchgeführt. Zum anderen untersuchten die Forscher den Einfluss auf Mäuse, die eine vermehrte Abwehrschwäche haben, weil ihnen die Gene für das Zytokin Interleukin 10 oder den „Toll-like receptor 5“ fehlen.
Diese Mäuse erkranken auch ohne Nahrungszusätze häufig an entzündlichen Darmerkrankungen. Nach einer Fütterung mit 1 Prozent Carboxymethylcellulose oder 1 Prozent Polysorbat 80 im Futter über 12 Wochen stieg die Häufigkeit der Erkrankung jedoch von 40 Prozent auf etwa 80 Prozent an.
Die Wildtyp-Mäuse entwickelten keine Colitis. Es kam aber zu einer niederschwelligen Entzündung im Darm und die Tiere zeigen verschiedene Merkmale eines Metabolischen Syndroms wie eine leichte Gewichtszunahme, den Anstieg des Körperfetts oder erhöhte Blutzuckerwerte nach der Fütterung, wie sie für die Insulinresistenz kennzeichnend ist.
Wie die Emulgatoren diese Veränderungen induzierten, ist unbekannt. Die mikroskopische Untersuchung der Darmschleimhaut ergab jedoch, dass der Abstand zwischen den Darmbakterien und Darmzellen um mehr als die Hälfte verringert wurde. Die Bakterien kamen der Darmschleimhaut also näher. Dies passt zu derzeitigen Konzepten von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, die in einer Störung der Darmbarriere und dem Eindringen von Bakterien in die Schleimhaut einen möglichen Auslöser der chronischen Darmentzündung sehen.
Die Ursache für die Störung der Mukosabarriere könnte eine Veränderung der Darmflora sein. Die Forscher fanden eine Zunahme von Spezies, die Flagellin und Lipopolysaccharide bilden, die eine proinflammatorische Wirkung entfalten. Eine Zunahme der Entzündungsreaktionen im Körper wird als eine mögliche Ursache des Metabolischen Syndroms diskutiert.
Die Forscher konnten ihre Hypothese durch weitere Versuche untermauern. So hatten die Emulgatoren bei keimfrei gehaltenen Mäusen, denen eine Mikroflora fehlt, keine Auswirkung. Die Transplantation der Darmflora von Mäusen, die den Emulgatoren ausgesetzt waren, auf keimfreie Mäusen war ausreichend, um einige Parameter der niederschwelligen Entzündung und des Metabolischen Syndroms zu übertragen. Die Forscher vermuten deshalb, dass die Emulgatoren die Mukosa nicht direkt, sondern über eine Änderung der Darmflora schädigen.
Die Ergebnisse der Experimente sind in sich schlüssig und sie liefern eine plausible Erklärung für eine schädliche Wirkung der Emulgatoren. Welchen Beitrag sie beim Menschen an der Entwicklung entzündlicher Darmerkrankungen und des Metabolischen Syndroms haben, können dagegen nur epidemiologische Studien zeigen. Sie könnte beispielsweise die Krankheitshäufigkeit von Menschen mit einem hohen und einen niedrigen Konsum von emulgatorhaltigen Nahrungsmitteln vergleichen.