Aktuelle Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass die Zusammensetzung der Scheidenflora eine mögliche Ursache für ungeklärte Unfruchtbarkeit darstellen könnte. Wissenschaftliche Arbeiten konnten nachweisen, dass sich das vaginale Mikrobiom von schwangeren und nichtschwangeren Frauen hinsichtlich Zusammensetzung und Stabilität unterscheidet. Das liefert einen Hinweis darauf, dass das vaginale Mikrobiom einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit und die Geburt hat.
Was macht eine gesunde Scheidenflora aus?
Das Vaginalmikrobiom besteht aus rund 250 unterschiedlichen Bakterienspezies. Eine gesunde Scheidenflora wird von Laktobazillen dominiert. Diese Milchsäurebakterien sorgen für einen sauren pH-Wert in der Scheide, in welchem sich pathogene Keime und Pilze nicht vermehren können. So fungiert es als wichtiges Schutzschild gegen Infektionen im Intimbereich, wie beispielsweise Harnwegsinfekte, Scheidenpilz oder bakterielle Vaginosen.
Das bakterielle Gleichgewicht der Scheidenflora kann jedoch ins Wanken geraten. Die Gründe dafür sind vielfältig: Hormonelle Veränderungen, ein geschwächtes Immunsystem oder Antibiotika, können die Balance der Scheidenflora empfindlich stören.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Fruchtbarkeit und der Scheidenflora?
Eine vaginale Dysbiose, d.h. ein Ungleichgewicht der Scheidenflora, hervorgerufen durch ein reduziertes Vorkommen von Laktobazillen und eine damit einhergehende Überwucherung anaerober Keime, kann unter anderem die Reproduktionsfähigkeit negativ beeinflussen. So wird beispielsweise eine vaginale Kolonisation mit dem Keim Ureaplasma parvum mit Infertilität und perinatalen Krankheiten assoziiert.
Häufig unterschätzt: Die Rolle der Gebärmutterschleimhaut
Auch die Gebärmutterschleimhaut ist nicht steril, sondern von Bakterien besiedelt, welche einen bedeutenden Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Frau haben. Eine gestörte bakterielle Besiedelung kann das Einnisten der befruchteten Eizelle behindern.
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass das Mikrobiom bei einem Großteil der untersuchten gesunden Frauen zu über 90 % aus Laktobazillen bestand. Bei einem Lactobacillus-dominierten Mikrobiom im Uterus war die Einnistung des Embryos bereits bei der ersten künstlichen Befruchtung zu 60,7 % erfolgreich, bei einem Lactobacillus-reduzierten Mikrobiom jedoch nur zu 23,1 %.
Die Quote der erfolgreichen Schwangerschaften verringerte sich bei einem Mangel an Laktobazillen von 70,6 % auf 33,3 % und der Anteil von Lebendgeburten reduzierte sich von 58,8 % auf 6,7 %.
Probiotika bei wiederkehrenden Infektionen
In den letzten Jahren hat der Einsatz von Probiotika als therapeutische und / oder präventive Maßnahme bei negativen Veränderungen der Scheidenflora, sowie wiederkehrenden Infektionen des Harn- und Vaginaltraktes zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Dank der Mikrobiom-Forschung konnte auch nachgewiesen werden, dass indikationsspezifische Multispezies-Probiotika idealerweise oral zu sich genommen werden. Denn dies stellt den natürlichen Weg der Besiedelung der Scheide dar. Über eine Schleimstraße wandern die gewünschten Laktobazillen vom Darm in die Vagina. Im Gegensatz zu Vaginalkapseln bildet sich durch die orale Einnahme ein Depot im Darm, aus welchem die Milchsäurebakterien dauerhaft in die Scheide einwandern können.
Kann man die Fruchtbarkeit durch Multispezies-Probiotika steigern?
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Einnahme eines Multispezies-Probiotikums einen Einfluss auf die vaginale Ansiedlung von Ureaplasma parvum haben kann. Während es bei der Gruppe, welche ein Placebo erhielt, zu einem Anstieg dieses Pathogens kam, konnte es bei jener Gruppe, die das Multispezies-Probiotikum erhielt, kaum nachgewiesen werden. Demnach bietet die Einnahme eines Multispezies-Probiotikums eine optimale Möglichkeit ein gesundes Vaginalmikrobiom aufrechtzuerhalten und stellt zusätzlich eine Option zur supportiven Behandlung von Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch dar.